Aus einer Software für den Eigenbedarf wird ein Investment von Frank Thelen

Benedikt und Claudia Sauter haben das geschafft, wovon viele Gründer träumen: Sie arbeiten von Beginn an rentabel, haben ein Investment von Frank Thelen abgeräumt, ein Team von 35 Mitarbeitern und stehen kurz vor der Expansion. Doch der Weg dahin war wie bei vielen Startups mit einigen Umwegen verbunden. Denn eigentlich war ihre Software nur für den Eigengebrauch gedacht.

Xentral-Investment Freigeist Capital v.l.n.r. Gründer Benedikt Sauter und Frank Thelen (Foto: © Xentral/Freigeist)

Xentral-Investment Freigeist Capital v.l.n.r. Gründer Benedikt Sauter und Frank Thelen (Foto: © Xentral/Freigeist)

Die frustrierende Suche nach einem passendenden Warenwirtschaftssystem

Zwei Wochen Festanstellung sind die Bilanz von Benedikt Sauter. Der studierte Informatiker wusste schnell, dass er sein eigener Chef sein will. Gemeinsam mit seiner Frau Claudia gründete er 2008 die embedded projects GmbH in Augsburg. Sie produzierten Mikrocontroller-Platinen, die über einen eigenen Online-Shop verkauft wurden. Die Nachfrage und der Kundenstamm wuchsen schnell: Aus einem Online-Shop wurden drei und die Verwaltungsaufgaben wie Lagermanagement, Buchhaltung, Versandkoordination und Co. nahmen damit stark zu. Um den Überblick zu behalten und effizient arbeiten zu können, waren die Gründer auf der Suche nach einem Warenwirtschaftssystem, das auf Linux läuft und flexibel erweitert werden kann. Sauters Credo: Nicht von einem Anbieter abhängig machen. 

Als sie nach langer Suche kein geeignetes System gefunden haben, entschied sich Entwickler Benedikt Sauter die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Er programmierte eine eigene Warenwirtschaftslösung auf Basis von Open-Source-Technologien. „Es war mir wichtig, dass ich das System bei Bedarf einfach erweitern kann, darum habe ich auf Open-Source gesetzt. Diese Basis hat Xentral bis heute“, sagt Sauter. Ein Hardware-Kunde wurde zufällig auf die Software aufmerksam und wollte sie für seine eigenen Zwecke nutzen. Sauter passte die Version entsprechend an und entwickelte eine individuelle Lösung für seinen Kunden. Aus einem Kunden wurden mehrere und das ERP-System verkaufte sich ausschließlich über Weiterempfehlungen. Und das so gut, dass sich 2015 die Software besser verkauft hat wie die Hardware. „Wir standen vor einer schweren Entscheidung: Bleiben wir Hardware-Produzent oder fokussieren wir uns auf die Weiterentwicklung des Warenwirtschaftssystems“, erinnert sich Claudia Sauter.

Änderung des Geschäftsmodells: Von der Hardware zur Software

Die beiden Gründer wandten sich an die Experten der Augsburger Gründerszene. Stefan Schimpfle vom aitiRaum Augsburg kann sich noch genau erinnern: „Sie hatten zwei sehr gute Geschäftsmodelle, die allerdings nicht miteinander kombinierbar waren. Im Prinzip waren es zwei voneinander unabhängige Unternehmen.“ Er stellte für die beiden Gründer den Kontakt zu Markus Schilling von BayStartUP her. Nach intensiven Gesprächen mit den Gründern, riet er ihnen, sich rein auf die Software zu fokussieren. „Das Hardware-Geschäft lief zwar gut, aber die Software war sehr gut und viel besser skalierbar“, so Schilling. Auch mit seinen ehemaligen Professoren aus dem Master-Studiengang sprach Sauter das neue Geschäftsmodell durch. Für Norbert Gerth, Professor für Existenzgründung an der Hochschule Augsburg, ist die Software ein klarer Fall – aber er weiß auch, wo die Gründer Nachholbedarf haben. „Technisch war das Team exzellent. Was ihnen aber definitiv gefehlt hat, war das nötige Know-how für BWL und Marketing“, so Gerth. „Es ist wichtig, dass man sich an der richtigen Stelle eingesteht, dass man mit Experten sprechen sollte. Uns hat das enorm geholfen, den richtigen Weg einzuschlagen“, sagt Benedikt Sauter.

Gesagt, getan: Die Gründer fackeln nicht lange und stellen die Hardware-Produktion ein. Um das Warenwirtschaftssystem weiterzuentwickeln, stellen die Sauters zwei Entwickler ein. Schon nach nur wenigen Monaten zeigt sich, dass es die richtige Entscheidung war. Das Warenwirtschaftssystem verkauft sich rasant und damit wächst auch das Unternehmen Xentral innerhalb von drei Jahren auf 20 Mitarbeiter.

Frank Thelen und Alex Koch entdecken Xentral durch Zufall

Im August 2017 wenden sich vier Food-Startups an Benedikt Sauter und kaufen das Warenwirtschaftssystem aus einem gemeinsamen Grund: Sie alle sind Teilnehmer der aktuellen Staffel „Die Höhle der Löwen“, einer TV-Show für Gründer, die auf VOX ausgestrahlt wird. Bereits während der Ausstrahlung laufen bis zu tausend Bestellungen pro Stunde bei den Startups ein. Sie brauchten ein Warenwirtschaftssystem, das hochleistungsfähig und trotzdem leicht zu bedienen ist. Da alle gleichzeitig starten wollten, schob Sauters Team Nachtschichten und war teilweise während der Ausstrahlung bei den Startups vor Ort, um im Notfall technisch unterstützen zu können. „Innerhalb von so kurzer Zeit so viele Bestellungen abzuwickeln, war für uns und auch für Xentral neu. Im Prinzip ist die Software ja genau darauf ausgelegt, nur haben wir es bis dahin noch nie ‚live‘ getestet“, sagt Claudia Sauter. 

Die Startups hatten noch eine weitere Gemeinsamkeit: Sie alle erhielten ein Investment von Frank Thelen, Investor und CEO von Freigeist Capital. Da die Gründer von 3Bears, Pumperlgsund, FIT TASTE und Luicella’s Ice Cream so begeistert von der Anwendung von Xentral waren, schaute sich Alex Koch, Mitgründer und CTO der Investmentfirma von Frank Thelen die Augsburger Software genauer an. „Wir hatten davor schon viele ERP-Systeme getestet, aber Xentral war nicht nur vom User Interface, sondern vor allem in technischer Hinsicht extrem innovativ und flexibel“, sagt Koch. Er war neugierig, welches Entwickler-Team hinter der Software steckt und fuhr von Bonn nach Augsburg, um Xentral zu besuchen. „Ich habe einfach nicht geglaubt, dass die beste Software am Markt von einem so kleinen Team entwickelt wurde. Darum habe ich ihnen vor Ort ein paar Challenges gestellt. Ich war begeistert“, so Koch weiter. Zurück in Bonn führte sein Weg direkt in Frank Thelens Büro. „Alex kam rein und sagte: Das ist die beste Software, die es gibt. Wir sollten den Gründern ein Angebot machen und ein Teil davon werden“, erinnert sich Thelen. „Also haben wir ihnen ein Angebot gemacht, doch von Xentral hat sich erst mal keiner gemeldet. Das hatten wir auch noch nie.“

Das Freigeist-Investment: Frank Thelen und Xentral machen gemeinsame Sache

Die Sauters blieben ihrer Devise treu: Ab oberster Stelle stehen immer die Kunden und die Stabilität des Systems. Erst danach kümmert sich das Team um Geschäftsentwicklung und Marketing. „Wir haben angefangen mit Freigeist Capital zu arbeiten und schnell gemerkt, dass wir auf einer Wellenlänge sind“, sagt Benedikt Sauter. Doch mit der Antwort ließ er sich trotzdem Zeit. Frank Thelen und Alex Koch blieben hartnäckig. Durch ihre Erfahrungen mit anderen ERP-System wussten sie, dass Xentral enormes Potenzial hat, eine echte Konkurrenz zu den großen Softwareherstellern zu werden. „Wir haben noch mal deutlich gemacht, was wir bieten können, wie groß wir Xentral machen wollen und dass wir als Freigeist nicht nur das Kapital, sondern auch das Netzwerk dazu geben können“, erklärt Frank Thelen. 

Seit Anfang 2018 ist der gemeinsame Weg offiziell beschlossen. Xentral ist bereits in ein größeres Büro mit Platz für 50 Mitarbeiter gezogen. Derzeit sind es schon 35 Angestellte, bis Ende 2018 sind 10 weitere Mitarbeiter geplant. „Die Zusammenarbeit ist sehr persönlich. Frank, Alex und Marc beraten uns nicht nur strategisch, sondern krempeln auch operativ die Ärmel hoch, wenn wir Unterstützung brauchen“, sagt Benedikt Sauter. Die nächsten Schritte sind die Expansion in den europäischen Raum und die Weiterentwicklung des Leistungskatalogs, damit Xentral im internationalen Vergleich ganz oben mitspielen kann. „Xentral ist eine innovative, revolutionäre Lösung, die für den wachsenden eCommerce-Markt geschaffen wurde. Ich sehe darin etwas ganz Großes“, sagt Thelen.

 

Über Xentral

Die Xentral GmbH mit Sitz in Augsburg wurde 2015  von Benedikt und Claudia Sauter gegründet. Xentral ist ein flexibles ERP-/CRM-System mit eigenem AppStore. Unternehmen können aus vier Basis-Versionen wählen und den Funktionsumfang mit über 100 verfügbaren Modulen erweitern. Xentral bietet Schnittstellen zu allen gängigen Online-Shop-Systemen, Marktplätzen und Zahlungsanbietern. Da das System auf Open-Source-Technologien basiert, kann es auch individuell weiterentwickelt werden. Zweimal im Jahr veröffentlicht Xentral eine kostenlose Open-Source-Version für Startups.

 

Über Freigeist Capital

Die Freigeist Capital GmbH (ehemals e42 GmbH) ist ein Venture Capital Fonds, der sich auf Deep Tech und Consumer Products fokussiert hat und mit jahrzehntelanger Erfahrung und Seed-Kapital ausgewählten Startups zur Seite steht. Freigeist investierten als erste in Startups wie MyTaxi, KaufDa, Wunderlist, Little Lunch und Lilium Aviation. Frank Thelen, Marc Sieberger und Alex Koch gründen seit 20 Jahren gemeinsam erfolgreich Unternehmen und bringen neben ihrem Investment vor allem ihr technisches und unternehmerisches Know-How sowie ihr großes Netzwerk mit ein.