Der Arbeitsvertrag - auf die Details kommt es an
Arbeitgeber sind verpflichtet die Rahmenbedingungen für ein Arbeitsverhältnis schriftlich zu fixieren. Entsteht Streit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, kommt es schlussendlich darauf an, was genau vereinbart wurde. Wie immer spielen dann die Details eine wichtige Rolle. Rechtsanwalt Nicol Andreas Lödler gibt Hinweise zum Thema Arbeitsverträge:
Herr Lödler, was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Punkte, die man bei der Gestaltung des Arbeitsvertrags beachten sollte?
Natürlich sollte man sich über die Höhe des Gehalts und die Dauer des Urlaubs einig sein, damit es hierüber keinen Streit gibt. Ähnliches gilt für den Umgang mit Überstunden. Aus Sicht des Arbeitge-bers, der in der Regel den Vertragsinhalt weitestgehend bestimmen kann, sollte jeder Arbeitsvertrag eine wirksame Ausschlussfrist beinhalten: Denn während des Bestands des Arbeitsverhältnisses kommt es selten zum Streit: Welcher Arbeitnehmer, der seinen Job behalten will, verklagt schon seinen Arbeitgeber?
Es ist deshalb wichtig, dass man für den Fall gewappnet ist, dass eine Vertragspartei den Arbeitsvertrag kündigt. Oft werden seitens des Arbeitnehmers beispielsweise Überstunden geltend gemacht, die ggf. bis zu knapp vier Jahre zurückliegen können. Das kann sich läppern! Mit einer wirksamen Ausschlussfrist kann man ein Erlöschen von Ansprüchen nach Ablauf von drei Monaten vereinbaren. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Ausschlussfrist für beide Vertragsparteien gelten muss, da sie sonst den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen würde, was die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge hätte.
Was sollte man zu Standard-Arbeitsverträgen aus dem Internet wissen?
Bei Vertragsmustern besteht immer das Problem, dass sie naturgemäß nicht auf die individuellen Bedürfnisse des Verwenders zugeschnitten sind. Viele Arbeitsvertragsmuster enthalten beispielsweise eine Klausel, nach der vom Arbeitnehmer eine Vertragsstrafe zu bezahlen ist, falls dieser den Vertrag bereits vor Arbeitsbeginn kündigt. In den wenigsten Fällen ist dies sinnvoll: Denn was für eine Arbeitsleistung erwartet man sich von einem Mitarbeiter, den man dazu zwingt, zwei Wochen zu arbeiten, bis er wieder ausscheidet? Denn mit dieser Frist kann der Arbeitnehmer in der Regel während der Probezeit kündigen, ohne die Vertragsstrafe bezahlen zu müssen. Der Lohn für diese zwei Wochen ist für den Arbeitgeber in den meisten Fällen rausgeschmissenes Geld.
Stark im Vordringen ist die agile Softwareentwicklung, z.B. das Scrum-Modell. Wie kann man sicherstellen, dass Mitarbeiter automatisch den Vertragsbedingungen aus den Dienstleistungsverträgen unterliegen?
Scrum-Verträge enthalten u. a. Verpflichtungen der IT-Firma gegenüber dem Kunden, die es an die eigenen Arbeitnehmer weiterzugeben gilt (z. B. spezielle Pflichten zur Verschwiegenheit). Da bleibt leider nur, sich die relevanten Verpflichtungen aus dem Scrum-Vertrag herauszusuchen und diese durch eine separate Vereinbarung mit den Arbeitnehmern quasi durchzureichen. Ein weiteres Au-genmerk ist darauf zu richten, dass urheberrechtliche Fragen bezüglich der Arbeitsergebnisse klar geregelt sind.
Nicht selten werden bei Projekten auch freie Mitarbeiter beschäftigt, was ist hier zu beachten?
Der Bereich der Scheinselbstständigkeit, also die fälschliche Behandlung von Arbeitnehmern als freie Mitarbeiter, wird von den Strafverfolgungsbehörden zwischenzeitlich sehr streng kontrolliert und sanktioniert. Es ist deshalb darauf zu achten, dass bei einem freien Mitarbeiter bestimmte Abgrenzungskriterien vorliegen: Er sollte nicht nur bezüglich Zeit, Ort und Inhalt der Arbeitsleistung frei sein, er sollte möglichst auch mehrere Auftraggeber, eigene Mitarbeiter und ein signifikantes wirtschaftliches Risiko haben. In Zweifelsfällen sollte man entweder ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund durchführen oder einen Rechtsanwalt konsultieren.
Im Zusammenhang mit Datenschutz und Informationssicherheit werden in der Regel Vertragsstra-fen in Arbeitsverträgen aufgeführt. Wonach sollte man die Höhe bemessen?
Will man sichergehen, die Vertragsstrafe im Falle eines Verstoßes tatsächlich auch zu bekommen, sollte diese ein Bruttomonatsgehalt nicht übersteigen. Dies ist im Vergleich zu den drohenden Schäden natürlich äußerst wenig. Um dem Verbot Nachdruck zu verleihen, sollte deshalb im Arbeitsvertrag zusätzlich auf die Strafbarkeit z. B. des Verrats von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen hingewiesen werden. Hierbei handelt es sich keineswegs um ein Kavaliersdelikt: § 17 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sieht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, in besonders schweren Fällen sogar bis zu fünf Jahren vor.
Unternehmen gewähren ihren Mitarbeitern in Phasen des Aufschwungs und Wachstums recht großzügig freiwillige Leistungen. Doch was, wenn es mal nicht so floriert. Worauf ist zu achten, kann man vertraglich vorbeugen?
Nicht jede Leistung lässt sich unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt stellen; sehr schwierig ist das z. B. bei laufenden, monatlichen Zahlungen. Bei jährlichen Sonderzahlungen sollte darauf geachtet wer-den, dass am besten sowohl im Arbeitsvertrag als auch bei der Auszahlung darauf hingewiesen wird, dass die Bezahlung „freiwillig“ erfolgt und „auch bei mehrmaliger vorbehaltloser Zahlung keinen Rechtsanspruch für die Zukunft begründet“. Hier kommt es tatsächlich auf den vorzitierten Wortlaut an: Oft findet sich in Arbeitsverträgen die Klausel, dass die Zahlung freiwillig „und jederzeit widerruflich" erfolgt. Allein dieser kleine Zusatz mit der Widerruflichkeit führt dazu, dass die Zahlung nicht mehr jederzeit eingestellt werden kann. Denn aus rechtlicher Sicht sind eine Freiwilligkeit und eine Widerruflichkeit zwei Gegensätze, die sich gegenseitig ausschließen: Bei einer Widerruflichkeit benötigt man nämlich Gründe für eine Einstellung, bei einer Freiwilligkeit nicht. Aus diesem Grund ist eine Klausel, die eine Freiwilligkeit mit einer Widerruflichkeit kombiniert, widersprüchlich und somit nach der Rechtsprechung unwirksam.
Noch eine Frage zu den Kündigungsfristen: Inwieweit macht es Sinn individuelle Fristen zu vereinbaren, abweichend von den gesetzlichen Regelungen? Welche Fristen wären Ihrer Meinung nach sinnvoll?
Das Gesetz sieht eine vierwöchige Kündigungsfrist zum 15. oder Monatsletzten vor. Besteht das Arbeitsverhältnis mindestens zwei Jahre, verlängert sich nach und nach die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber, nicht jedoch für den Arbeitnehmer. Es ist aber zulässig, im Arbeitsvertrag einen Gleichlauf zu vereinbaren. Diese weit verbreitete Praxis ist aus meiner Sicht auch empfehlenswert: Zwar besteht die Gefahr eines Leistungsabfalls des Arbeitnehmers, wenn dieser gekündigt hat und während des Laufs der Kündigungsfrist noch arbeiten muss. Doch lässt sich dann noch immer einvernehmlich eine vorzeitige Auflösung vereinbaren, wenn dies im Interesse beider Parteien liegt. Dies ist meist der Fall. Und sollte das aus Arbeitgebersicht mal nicht der Fall sein, z. B. weil man nicht rechtzeitig einen Ersatz findet, hat man durch die entsprechende Vertragsklausel vorgesorgt.
Vielen Dank für diese Hinweise, Herr Lödler