ExpertenRat: IT-Recht
Was müssen Unternehmer bei Software-Lizenzen beachten und welche Tücken warten bei Lizenzierungen? Darüber spricht Dr. Thomas Stögmüller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Informationstechnologierecht und Gründungspartner der Kanzlei TCI Rechtsanwälte München im Interview.
Herr Dr. Stögmüller, wie schätzen Sie die aktuelle Situation bei mittelständischen Unternehmen ein. Sind diese überwiegend unter- oder überlizenziert?
Sowohl als auch: Überlizenziert, weil häufig Software nicht mehr benötigt wird, die Lizenzen jedoch fortbestehen. Sofern es sich um Mietmodelle wie etwa ASP-Lösungen handelt, lassen sich die Lizenzen kündigen. Hierzu sind die Verträge einzusehen und die Kündigungsfrist und formale Anforderungen an die Kündigung wie beispielsweise eine Versendung per Einschreiben einzuhalten. Auch Softwarepflege lässt sich zumeist jährlich kündigen. Wenn die Lizenzen gegen Einmalzahlung erworben wurden, sind diese in aller Regel aufgrund der Rechtsprechung zu Gebrauchtlizenzen nicht veräußerlich. Und häufig auch unterlizenziert, wenn das Lizenzmanagement vernachlässigt wird und erforderliche Lizenzen nicht nachgekauft werden.
Bei einer Unterlizenzierung drohen rechtliche Konsequenzen. Was bedeutet das?
Wird Software ohne eine entsprechende Lizenz genutzt, stellt dies eine Urheberrechtsverletzung dar. Der Lizenzgeber kann Unterlassung, Auskunft über den Umfang der Nutzung und Schadensersatz verlangen. Schlimmstenfalls droht eine einstweilige Verfügung und die betroffene Software darf mit sofortiger Wirkung nicht mehr genutzt werden. Bestenfalls fordert der Lizenzgeber zur Nachlizenzierung auf.
Was passiert mit den Lizenzen, wenn der Lizenzgeber Insolvenz anmeldet und welche Konsequenzen können hier auf die Unternehmen zukommen?
Bei Kauflizenzen, die vollständig bezahlt worden sind, verbleiben die Nutzungsrechte beim Unternehmen. Allerdings steht bei Dauerschuldverhältnissen wie bei ASP-Lösungen und bei Pflegeverträgen dem Insolvenzverwalter ein Wahlrecht zu, ob er den Vertrag weiter erfüllen oder die Erfüllung ablehnen möchte. Entscheidet sich der Insolvenzverwalter für Letzteres, steht die Software nicht mehr zur Verfügung oder wird zumindest nicht mehr gepflegt.
Gibt es Absicherungsmöglichkeiten dagegen?
Gerade bei unternehmenskritischer Software ist es üblich, dass der Quellcode bei einer vertrauenswürdigen Hinterlegungsstelle im Rahmen einer sogenannten Escrow-Vereinbarung hinterlegt wird. Tritt der Insolvenzfall ein, erhält der Lizenznehmer von der Hinterlegungsstelle den Quellcode und damit die Möglichkeit, die Software künftig selber zu pflegen und möglicherweise sogar weiterzuentwickeln.
Stichwort Cloud Computing: Kostenvorteile und die nutzerfreundliche Usability durch den Zugriff über den Browser bieten Nutzern große Vorteile. Ist damit das Ende der Software-Lizenzen eingeläutet?
Ich glaube nicht. Cloud Computing bietet viele Vorteile, allerdings auch einige rechtliche Risiken. Gerade wenn personenbezogene Daten oder sensible Informationen in die Cloud ausgelagert werden, müssen hohe Anforderungen an den Datenschutz und die Datensicherheit eingehalten werden. Auch können Cloud-Lösungen anfälliger für Angriffe sein. Es gilt daher, die Verträge der Cloud Provider sorgfältig auf Service Levels, Datenschutz und rechtliche Risiken zu prüfen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Zum Experten:
Dr. Thomas Stögmüller berät deutsche und internationale Unternehmen insbesondere in den Bereichen IT-, E-Commerce- und Telekommunikationsrecht sowie gewerblicher Rechtsschutz, unlauterer Wettbewerb und Kartellrecht. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt hierbei auf der Gestaltung und Verhandlung von Verträgen und der rechtlichen Prüfung und Betreuung von Geschäftsmodellen und Marketingaktionen. Dr. Thomas Stögmüller hat zahlreiche Fachartikel und Buchbeiträge publiziert, zuletzt etwa im Münchener Anwaltshandbuch IT-Recht. Zudem hält er regelmäßig Fachvorträge auf deutschen und internationalen Konferenzen und Seminaren.
Zu seinen Mandanten zählen zahlreiche junge Technologieunternehmen, beispielsweise aus der Software- und Telekommunikationsbranche, die er in allen rechtlichen Aspekten der Markteinführung unterstützt. Hierzu zählen neben der Gründung einer GmbH oder einer deutschen Zweigniederlassung die Erstellung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Lizenz- und Vertriebsverträgen. Von Bedeutung ist insbesondere der Schutz von Software, Erfindungen und Know-How.