Mittwoch, 22. Juli 2015 | News | Blog, Expertennews

Horizont 2020 – Ein Projekt – Ein Fördersatz

Horizont 2020 ist mit einem Fördervolumen von rund 80 Milliarden Euro das weltweit größte, in sich geschlossene Forschungs- und Innovationsprogramm. Es deckt anwendungsnahe Forschungsfelder aber auch die Grundlagenforschung ab. Ebenso werden die Forschungsbemühungen kleiner und mittlerer Unternehmen unterstützt.

Robert Iberl, Wissenschaftlicher Referent Informations- und Kommunikationstechnologien bei der Bayerischen Forschungsallianz GmbH (Foto: BayFOR)

Robert Iberl, Wissenschaftlicher Referent Informations- und Kommunikationstechnologien bei der Bayerischen Forschungsallianz GmbH (Foto: BayFOR)

Robert Iberl, Wissenschaftlicher Referent Informations- und Kommunikationstechnologien bei der Bayerischen Forschungsallianz GmbH beantwortet Fragen zum EU-Rahmenprogramm Horizont 2020:

Herr Iberl, was verbirgt sich hinter Horizont 2020?
Horizont 2020 ist das aktuelle europäische Rahmenprogramm für Forschung und Innovation. Es läuft seit 2014 und ist bis 2020 mit einem Budget von rund 80 Milliarden Euro ausgestattet. Das Rahmenprogramm deckt die gesamte Innovationskette ab und vereint die Förderung von der Grundlagenforschung bis zur Markteinführung unter einem Dach. Das Bestreben, aus exzellenter Forschung marktfähige Produkte zu generieren, macht Horizont 2020 speziell auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) interessant. Aber auch die tendenziell sehr industrienah forschenden Hochschulen für angewandte Wissenschaften finden hier eine sehr gute Ausgangsposition. Horizon 2020 basiert im Wesentlichen auf drei Säulen: „Exzellent Science“, „Industrial Leadership“ und „Societal Challenges“.

Wer kann an Horizont 2020 teilnehmen und wer wird gefördert?
Horizont 2020 ist das größte, offenen Forschungs- und Innovationsförderprogramm weltweit. Die Fördermöglichkeiten für internationale Forschungskooperationen, die es bereits unter den Vorgängerprogrammen gab, bestehen in Horizon 2020 weiter, so dass Forschende aus den EU-Mitgliedstaaten und den Assoziierten Ländern gemeinsam mit Partnern aus Drittstaaten in einem EU-Projekt forschen können. Die EU schließt darüber hinaus mit einigen ausgewählten Drittstaaten F&E-Abkommen, in denen die Bereiche und Formen der Zusammenarbeit definiert werden. Parallel dazu werden gemeinsame "Roadmaps" mit ausgewählten Drittstaaten – insbesondere mit den sogenannten BRIC-Staaten – aufgesetzt, an denen sich die Arbeitsprogramme thematisch orientieren sollen. Teilnahmeberichtigt sind im Prinzip ‚legal entities‘, wie zum Beispiel Universitäten, Hochschulen, KMU, Industrie, Vereine, Forschungseinrichtungen. Unter bestimmten Voraussetzungen sind sogar Einzelpersonen förderberechtigt.

Welche Kosten werden erstattet und in welcher Höhe?
Ein Projekt – ein Fördersatz, so lautet die Maxime der EU. Während unter den Vorgängerprogrammen noch nach Art der Organisation, etwa Hochschule oder Unternehmen und hier wiederum KMU oder Großunternehmen unterschieden wurde, so gilt nun grundsätzlich für alle Projektpartner

  • 100 % Förderung der direkten Kosten für forschungsorientierte Aktivitäten
  • 70 % Förderung der direkten Kosten für marktnahe Aktivitäten (Ausnahme Not-for-Profit-Organisationen, die auch hier 100 % Förderung erhalten können)
  • indirekte Kosten (Overhead) werden pauschal mit 25 % der direkten Kosten gefördert
    Wie forschungsorientiert oder marktnah eine Aktivität ist, wird über den sogenannten Technology Readiness Level bei der jeweiligen Ausschreibung angegeben.

Wenn man keine Projektpartner hat, kann man dennoch im Rahmen von Horizont 2020 eine Förderung erhalten?
Ja, das neue „KMU-Instrument“ (SME Instrument) richtet sich an KMU, die hochinnovative Produkte auf den Markt bringen wollen. Es sieht eine Förderung entlang des gesamten Innovationszyklus vor: In Phase 1 wird die Erstellung von Machbarkeitsstudien gefördert. Phase 2 betrifft Forschung und Entwicklung sowie Demonstrationsvorhaben und Aktivitäten zur Markteinführung, während die EU in Phase 3 die Vermarktung des Produkts unterstützt. Besonders erwähnenswert ist, dass hierbei auch einzelne Unternehmen antragsberechtigt sind; Kooperationspartner sind nicht zwingend erforderlich. Der Antrag besteht aus einem Business-Plan, der je nach Phase in unterschiedlicher Detailschärfe ausgearbeitet werden muss.
Einzelförderungen sind darüber hinaus auch in der Säule ´Wissenschaftliche Exzellenz´ in den Programmen ERC und MSCA möglich.

Wie verläuft eine Antragstellung und was ist bei der Antragstellung zu beachten hinsichtlich der Fristen?
Da EU-Forschungsförderung ein recht komplexes Thema ist, ist die Antragstellung ein zeitaufwendiges Unterfangen. Bei einem Kooperationsprojekt ist ein Vorlauf von sechs Monaten zur Deadline unbedingt zu beachten. Sollte sich ein Konsortium gefunden und einen Koordinator bestimmt haben, gilt es zunächst, die Idee so zu formulieren, dass sie auf die Ausschreibung passt. Der Ausschreibungstext ist in allen Punkten bindend und muss so gut wie möglich im Antrag abgebildet werden. Die drei großen Abschnitte Exzellenz, Impact und Implementierung werden danach anhand von Arbeitspaketen mit Leben gefüllt. Nicht zu unterschätzen ist die Aufstellung des Budgets für die einzelnen Partner. Zu diesem Punkt, sowie zu Dissemination, Impact und Implementierung, bietet die BayFOR aktiv ihre Dienste an. Es kommt auch häufig vor, dass während der Antragstellung ein zusätzlicher Partner gesucht wird. Hierzu bietet die BayFOR über das Enterprise Europe Network (EEN) Unterstützung an.
Ist der Antrag bereit zum Einreichen, gibt es eine harte Deadline zu beachten, welche aus Datum und Uhrzeit besteht und auf die Sekunde genau eingehalten werden muss, damit die ganze Arbeit nicht umsonst war. Um das zu verhindern, weisen wir auf die Erfahrung der BayFOR bei Antragsunterstützungen hin – dazu gehört auch das fristgerechte Einreichen.

Wie unterstützt die Bayerische Forschungsallianz die Antragsteller?
Das EU-Förderzentrum der BayFOR vernetzt bayerische Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft auf europäischer Ebene und unterstützt sie beim Einwerben von EU-Fördermitteln. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“. Zu diesem Zweck bieten wissenschaftliche Referenten fachspezifische Informationen, strategische Beratung und aktive Unterstützung bei der Projektanbahnung, dem Aufbau von internationalen Forschungskonsortien und der Antragstellung an.

Im Falle einer erfolgreichen Evaluierung unterstützt die BayFOR bei der Vertragsvorbereitung mit der Europäischen Kommission und übernimmt im laufenden Projekt gegebenenfalls das Projektmanagement sowie Aufgaben zur Verbreitung der Projektergebnisse. Zu den thematischen Schwerpunkten gehören: Ernährung, Gesundheitsforschung und Biotechnologie, Informations- & Kommunikationstechnologien, Nanowissenschaften, Neue Materialien und Produktion, Bioökonomie, Umwelt und Energie, Verkehr und Luftfahrt, Sozial-, Wirtschafts- und Geisteswissenschaften, Sicherheit und Bildung.

Darüber hinaus vertritt das EU-Verbindungsbüro der BayFOR in Brüssel die Interessen der bayerischen Hochschulen auf europäischer Ebene. Es stärkt ihre Sichtbarkeit und ist ihr Kontaktvermittler zu den europäischen Institutionen. So werden die Erfolgsaussichten von bayerischen Antragstellern innerhalb des Europäischen Forschungsraums deutlich erhöht. Ziel ist ferner, die Beteiligung von bayerischen Unternehmen – insbesondere KMU – an Förderprogrammen zu erhöhen. In dem Beratungsnetzwerk für KMU „Enterprise Europe Network“ (EEN) fungiert die BayFOR daher zusätzlich als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft.

Herr Iberl, vielen Dank für die umfangreichen Informationen.

 

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