Lassen Sie gute Ideen nicht floppen!
Sie haben eine überzeugende Idee und setzen diese funktional in einem neuen und innovativen Produkt um. Doch der Markt enttäuscht Ihre Erwartungen, das Produkt floppt oder der Deckungsbeitrag entspricht nicht Ihren Erwartungen. Produkte der Wettbewerber mit aus Ihrer Sicht geringerer Leistung sind erfolgreicher. Woran kann es liegen? Unser Experten-Tipp:
Herr Trinks, Sie haben langjährige operative Erfahrung als Senior Manager für Vertrieb, Marketing und Controlling in der IT-Industrie. Was sind Ihrer Meinung nach die Ursachen für Produktflopps?
In der Praxis stellen wir immer wieder folgende gravierende Probleme fest:
1. Der / die Gründer sind von ihrer Idee so überzeugt, dass sie sich nur schwer vorstellen können, dass Kunden sie nicht sofort verstehen und nachfragen.
2. Die Idee ist gut. Sie ist aber weit davon entfernt ein vermarktungsfähiges Produkt zu sein.
3. Eine objektive Vorstellung, warum Kunden das Produkt kaufen sollten, ist nur sehr rudimentär vorhanden.
4. Der Gründer fokussiert sich auf „Produktfunktionen“ und nicht auf den Kundennutzen.
5. Eine reale Marktvorstellung bzw. -einschätzung ist kaum vorhanden.
6. Der Gründer glaubt, alle Aufgaben qualifiziert und rechtzeitig selbst lösen zu können.
Wie wird aus einer guten Idee ein erfolgreiches Produkt?
Ein Produkt ist wesentlich mehr als die Summe seiner technischen Daten laut Datenblatt. Der Erfolg im Markt hängt eben nicht - wie so gern angenommen - von der reinen Funktionalität des Produktes ab. Auch wenn diese noch so bestechend und einmalig ist, der Kunde entscheidet aus anderen Kriterien heraus. Die unternehmerische Leistung besteht darin, diese Kriterien zu ermitteln und das Unternehmen mit seiner Kompetenz und Leistungsfähigkeit darauf einzustellen.
Welche grundsätzlichen Fragen zum Produkt sollte man sich im Vorfeld stellen?
Als erstes sollte man sich fragen, in welchen Märkten mein Produkt angeboten werden soll und wie sich die Märkte in ihren Nutzenerwartungen darstellen. Dann kann man auch die Frage beantworten, wie man das Produkt gestaltet, um in unterschiedlichen Märkten oder Marktsegmenten erfolgreich zu sein. Man sollte auch die objektiven und subjektiven Entscheidungskriterien der Kunden kennen und vergleichen, ob das Produkt den Nutzenerwartungen entspricht.
Was muss ich bei der Kundenansprache beachten?
Wichtig ist, dass ich mir darüber klar werde, wie ich den Kunden erreiche und in welcher Form er die Informationen erwartet. Der Kunde muss mich in seiner Welt verstehen. Ich muss also so viel Interesse wecken, dass er seine knappe Zeit in mein Produkt investiert. Eine klare Positionierung meines Produktes gegenüber potenziellen Wettbewerbern ist essentiell. Dem entsprechend muss auch meine Vertriebsstruktur passen und das Know-How dazu vorhanden sein.
Die Prozesse in meinem Unternehmen und das eigene operative Management müssen also in der Lage, die Kundenerwartungen zu erfüllen. Ich benötige ständig ein Feedback über die Qualität meiner Leistungen und über die Zufriedenheit meiner Kunden.
Wie kann ich verhindern, dass der Kunde später doch zur Konkurrenz wechselt?
Sind für den Kunden die wesentlichen Merkmale also der Nutzen direkt an das Produkt gebunden, wechselt er ohne eigenes Risiko auch den Lieferanten, wenn er das Produkt austauscht. Das kann man eigentlich nur verhindern, wenn man den Nutzen an das Unternehmen bindet, beispielsweise eine besondere Lieferabwicklung oder besondere Serviceleistungen anbietet. Verliert der Kunde diese Leistungen, wenn er das Produkt bei einem anderen Lieferanten nachfragt, wird er sich einen Wechsel überlegen. Das Ziel muss es sein, mit dem Kunden eine Partnerschaft aufzubauen und eine gemeinschaftliche „Produktpflege“ zu betreiben.
Gilt das Prinzip auch für Software?
Im Verhältnis zu Produkten, die auf Hardware basieren, hat Software spezifische Besonderheiten in den Bereichen der Entwicklung, Produktion und Logistik. In der Konfektionierung zum Produkt und in der anschließenden Vermarktung sind die realen Unterschiede bei weitem nicht so groß wie gern dargestellt. Die grundlegenden Anforderungen an ein erfolgreiches Produkt sind also sehr ähnlich.
Es ist sehr einfach und schnell möglich, Funktionalitäten in Software zu codieren und auf einem Testsystem dem Kunden vorzuführen. Der Anfangserfolg kehrt sich schnell ins Gegenteil um, wenn im operativen Einsatz der Software die Nutzenerwartungen des Kunden dann aber nicht erfüllt werden; z.B. Betriebssicherheit in den Kundenprozessen; Serviceleistungen, funktionale Weiterentwicklung, langfristige Sicherheit des Investments etc.
Was raten Sie?
Verlagern Sie den Wettbewerb auf die unternehmensgebundenen Leistungen. Andernfalls besteht das Risiko, schnell in den ruinösen Preiswettbewerb abzurutschen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Zur Person:
Jochen Trinks von der Unternehmer-Beratung „Kompetenz 4 Praxis“, blickt auf drei Jahrzehnte Managementerfahrung in der IT-Industrie zurück. Die praktische Machbarkeit und die unternehmensbezogene Umsetzung bestimmen sein Handeln. Sein beruflicher Hintergrund: Dipl.-Ing. Elektrotechnik und Wirtschafts-Ing. grad. Er verfügt über langjährige internationale operative Erfahrung als Senior Manager für Vertrieb, Marketing, Controlling, Projektmanagement, Technik, Kundendienste.