Locomotec - Technologien zur Unterstützung von Mobilität
Prof. Dr. Erwin Prassler, Geschäftsführer der im aiti-Park ansässigen Firma Locomotec UG, stellte uns im Gespräch seine Firma und RUFUS - einen "persönlichen Lauftrainer" vor:
Herr Prof. Dr. Prassler, Sie sind mit Ihrer Firma locomotec seit 2012 bei uns im aiti-Park. Bitte stellen Sie Ihre Firma kurz vor:
Die Firma Locomotec wurde im März 2010 mit dem Geschäftsziel gegründet, Technologien zur Unterstützung von Mobilität (eng. locomotion technologies) zu entwickeln und zu vermarkten. Im weitesten Sinn umfassen diese Technologien technische Geräte, Informationstechnik (Hardware und Software) und Dienstleistungen, die geeignet sind, die Mobilität und Bewegung vor allem von Menschen, aber auch von Gütern zu unterstützen.
Dieses Geschäftsziel ist motiviert durch die Überzeugung, dass unsere Gesellschaft dringend neue Konzepte, neue Geräte, neue Infrastrukturen und neue Dienstleistungen für Mobilität benötigt, um gegen den globalen Wandel und globale Herausforderungen gewappnet zu sein. Das Interesse der Locomotec liegt dabei nicht auf der klassischen Automobilität, wo big player den Markt beherrschen, sondern auf der Eigenmobilität („Egomotion“). Eigenmobilität steht für die individuelle Bewegungsfähigkeit, Beweglichkeit und körperliche Fitness bis ins hohe Alter. Angesichts des massiven Bedarfs einer immer älter werdenden Gesellschaft wird sich diese Eigenmobilität innerhalb der nächsten 15 bis 20 Jahre zu einem Markt entwickeln, der in seinem wirtschaftlichen Potential der Automobilität und der Telekommunikation in nichts nachsteht.
Welche Leistungen und Produkte bietet Ihre Firma an?
In dem breiten Spektrum denkbarer Mobilitätstechnologien konzentriert sich die Locomotec gegenwärtig auf die Entwicklung und/oder Vermarktung von zwei Typen von intelligenten, automatisch gesteuerten Geräten. Zum einen sind es Geräte, die in der Lage sind, Güter zu transportieren und zu handhaben, insbesondere sogenannte mobile Manipulatoren (www.youBot-Store.com) und zum anderen Geräte, die in der Lage sind, die Eigenbewegung des Menschen zu unterstützen, zu fördern und zu trainieren, sogenannten automatisch gesteuerten, intelligenten Trainings- und Fitnessgeräten.
Wir entwickeln gerade ein Gerät, das wir als „persönlichen Lauftrainer“ oder englisch „robotic running coach“ bezeichnen. Der Arbeitstitel ist RUFUS. RUFUS ist ein elektrisch angetriebenes, automatisch gesteuertes Fahrzeug zur Unterstützung des Lauftrainings im Freien. Er übernimmt die Trainingssteuerung seines Benutzers und agiert dabei gewissermaßen als ein persönlicher Lauftrainer des Läufers.
RUFUS erfüllt dabei eine ähnliche Funktion wie ein Laufband, das über eine veränderbare Geschwindigkeit den Läufer einer wechselnden körperlichen Belastung aussetzt und bei regelmäßiger Benutzung mittel- und langfristig zu einer besseren Fitness, Ausdauer und einer höheren Belastbarkeit des Herzkreislaufsystems führt. Im Gegensatz zu einem Laufband ist RUFUS jedoch nicht ortsfest. RUFUS ist ein Fahrzeug, das als Tempomacher („Hase“) vor dem Läufer herfährt und diesem die Laufgeschwindigkeit vorgibt.
Die Geschwindigkeit, mit der RUFUS vor dem Läufer herfährt, kann entweder manuell oder automatisch über ein Trainingsprogramm eingestellt werden. Solche Trainingsprogramme werden typischerweise von einem Physiotherapeuten oder einem Sportarzt nach einer Leistungsanalyse ausgearbeitet und können dann wie eine App auf den Steuerrechner von RUFUS heruntergeladen werden.
Ein Läufer kann mithilfe dieser Trainingsprogramme auf ein individuelles Trainingsziel hinarbeiten, sei es nun die Teilnahme an einem Marathon für einen fortgeschrittenen Läufer, das Erreichen eines gewissen Fitnesslevels für einen Anfänger oder beispielsweise ein Programm zur Reduzierung des eigenen Körpergewichts (in der Regel in Abstimmung mit einer entsprechenden Ernährungsumstellung).
Wie ist die Idee zu diesem Gerät entstanden?
Ich war selbst Hobby-Triathlet und –Marathonläufer. Obwohl ich weiß bzw. wusste, wie ein vernünftiges Lauftraining ablaufen sollte, passierte es mir sehr häufig, dass ich im Übereifer falsch trainierte und das dann bitter büßen musste, beispielsweise durch chronische Sehnenentzündungen oder Muskelzerrungen oder Muskelfaserrisse. Da ich beruflich sehr eingespannt war, konnte ich auch nur sehr unregelmäßig an dem Training im Sportverein teilnehmen. Ich hätte dringend einen persönlichen Trainer gebraucht, so wie Rainer Calmund einen Joe Kelly. Aber auch ein Joe Kelly hätte mir nichts genützt, weil ich vermutlich meine Trainingszeiten nach ihm hätte richten müssen und nicht umgekehrt.
Nun gibt es doch sicherlich eine Menge ähnlicher Produkte am Markt. Was macht RUFUS so einzigartig?
Tatsächlich boomt ungeachtet aller Konjunkturkrisen der Markt für Fitness und Laufen. Das gilt auch für den Markt der Fitness- und Lauftrainer (so genannter personal coach). Wenn man ins Internet geht, wird man regelrecht erschlagen von Angeboten solcher Trainer, die sehr ordentliche Stundensätze haben. 100 EUR und mehr sind keine Seltenheit. Der Nachteil ist derselbe wie bei Joe Kelly. Ich muss trainieren, wenn mein Trainer Zeit hat und nicht wenn ich Zeit habe.
Produkte, die eine ähnliche Funktion haben, sind Pulsuhren (mit GPS), die piepsen, wenn man zu schnell läuft oder Apps auf dem Smartphone, die sogar mit einem reden, und natürlich Laufbänder und Crosstrainer in den Fitnessstudios. Dazu ist zu sagen, dass trotz Pulsuhren und Apps, 68% aller Läufer falsch oder sogar gesundheitsgefährdend laufen. Das hat eine AOK Studie mit über 10.000 Läufern ergeben.
Unserem Produkt am nächsten kommen Laufbänder und Crosstrainer im Fitnessstudio oder im privaten Bereich. Das einzigartige an unserem RUFUS ist, dass man damit im Freien laufen kann und uneingeschränkt das kontrollierte Training erzielt, wie man es mit einem teuren Laufband auch erreichen kann.
Da steckt mit Sicherheit eine ganze Menge Entwicklungsarbeit hinter dem Projekt wie groß ist Ihr Team?
Unser Team besteht im Moment aus 7 Leuten. Davon sind 4 Entwickler. Der Rest ist Geschäftsführung, Marketing, Finanzen und Personal. Wir wollen und müssen in diesem Jahr (2013) personell wachsen.
Das klingt richtig spannend, wann und wo kann man denn RUFUS einmal testen?
Das Produkt ist noch ein Prototyp. Testen können Sie RUFUS prinzipiell jederzeit. Wir planen für den Februar eine Veranstaltung im aiti-Gebäude, wo wir den bzw. die Prototypen der Fachpresse vorstellen wollen. Mehr über RUFUS erfahren Sie über www.locomotec.com oder über www.egomotion.com.
Sie unterrichten ja nun auch noch an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und leiten gleichzeitig ein Unternehmen, das kurz vor der Einführung eines neuen Produktes steht. Welchen Tipp können Sie jungen Gründern in puncto Zeitmanagement geben?
Machen Sie nicht beides, es sein denn Sie wollen täglich 12 und mehr Stunden arbeiten.
Herr Prof. Prassler, vielen Dank für das Gespräch. Wir wünschen Ihnen und Ihrem Team viel Erfolg.