Nicht vergessen: Ab 2015 länderspezifische Umsatzsteuer
Ab 1.1.2015 treten neue Regeln für die Besteuerung von elektronischen Dienstleistungen im B2C-Bereich in Kraft. Durch die Nutzung des Mini-One-Stop-Shops (MOSS bzw. Kleine Einzige Anlaufstelle - KEA) kann das nun kommende äußerst verwaltungsaufwändige Verfahren für Leistungen an Verbraucher in der EU vermieden werden. Steuerberaterin und Wirtschaftsjuristin Dr. Stefanie Becker informiert über die neuen Regelungen, künftige Erklärungspflichten und Sonderfälle:
Steuerbarkeit am Ansässigkeitsort des Leistungsempfängers
Das „Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ setzt u. a. die europäischen Vorgaben zur Besteuerung von Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und sonstigen elektronisch erbrachten Dienstleistungen um und enthält dabei wichtige Änderungen ab 01.01.2015 für entsprechende Dienstleistungen an Privatpersonen innerhalb der EU (B2C-Umsätze). Der Leistungsort bei diesen Leistungen befindet sich künftig grundsätzlich im Land des Leistungsempfängers, unabhängig davon, ob der Leistungsempfänger Unternehmer ist oder nicht.
Neuregelung greift nur für elektronische Dienstleistungen
Die Neuregelung umfasst lediglich Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen und sonstige elektronisch erbrachte Dienstleistungen an Verbraucher ab 01.01.2015. Unter den Begriff der elektronisch erbrachten Dienstleistungen fallen u. a. die Überlassung von digitalen Produkten (z. B. von Software), die entgeltliche Einräumung des Rechts eine Leistung auf einer Internetseite anzubieten, das Webhosting, die automatisierte Online-Fernwartung, die elektronische Zurverfügungstellung bzw. das Herunterladen von elektronischen Publikationen (z. B. E-Books, Online-Zeitschriften/Zeitungen), von Musik, Filmen und Spielen, die Bereitstellung von Online-Werbeplätzen und der automatisierte Fernunterricht. Ausdrücklich keine elektronischen Dienstleistungen stellen elektronisch übermittelte sonstige Leistungen (z. B. Beratungsleistungen per E-Mail) oder Leistungen, die online gebucht werden (z. B. Reiseleistungen, Veranstaltungsleistungen) dar.
Vereinfachtes Erklärungs- und Erhebungsverfahren
Die Unterscheidung nach der Unternehmereigenschaft des Leistungsempfängers entfaltet jedoch weiterhin Bedeutung bei der Frage des Steuerschuldners. Bei Leistungen an Unternehmer findet – zumindest innerhalb der EU sowie der Schweiz – das Reverse-Charge-Verfahren Anwendung, so dass der unternehmerische Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet. Verwendet der Leistungsempfänger eine ausländische USt-IdNr. ist folglich keine Umsatzsteuer in der Rechnung auszuweisen.
Ist der Leistungsempfänger hingegen Nichtunternehmer, muss die Umsatzsteuer unter Anwendung des Steuersatzes des jeweiligen Ansässigkeitsstaats in Rechnung gestellt werden. Infolgedessen hätte eine Registrierung im jeweiligen Staat zu erfolgen. Dieses äußerst verwaltungsaufwändige Verfahren kann für Leistungen an Verbraucher in der EU durch die Nutzung des sog. Mini-One-Stop-Shops (MOSS bzw. Kleine Einzige Anlaufstelle - KEA) vermieden werden.
Registrierung zur Nutzung des Mini-One-Stop-Shops
Unternehmer mit Sitz in Deutschland können sich seit 01.10.2014 in einem Online-Portal des Bundeszentralamts für Steuern zur Teilnahme am sog. Mini-One-Stop-Shop elektronisch registrieren, um ihren Verpflichtungen in den jeweiligen EU-Staaten gebündelt nachzukommen. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer über eine deutsche USt-IdNr. verfügt und in dem Staat, in dem der Verbraucher ansässig ist, nicht registriert ist. Die Erklärung der Umsätze über den Mini-One-Stop-Shop ist frühestens ab 01.01.2015 bzw. jeweils ab dem 1. Tag des Quartals, das nach der Registrierung beginnt, möglich.
Erklärungspflichten im Rahmen des Mini-One-Stop-Shops
Besteuerungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Die Erklärung ist elektronisch beim Bundeszentralamt für Steuern bis zum 20. Tag nach Ablauf des Quartals (20.04., 20.07., 20.10., 20.01.) einzureichen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist auch die Umsatzsteuer in einer Summe für alle Mitgliedstaaten zu entrichten. Wurden keine Umsätze getätigt, ist eine sog. Nullmeldung abzugeben. Das Verfahren ist anzuwenden, solange es nicht widerrufen wird. Entsprechende Dienstleistungen an deutsche Verbraucher sind weiterhin im normalen Besteuerungsverfahren beim zuständigen Finanzamt zu berücksichtigen.
Sonderfall: App-Stores
Vereinfachungen greifen, wenn die elektronischen Dienstleistungen nicht unmittelbar dem Endverbraucher z. B. durch Download angeboten werden, sondern sog. App-Stores zwi-schengeschaltet werden. Hier kann u. U. eine Leistung an den App-Store-Betreiber vorliegen, so dass die Grundsätze der Versteuerung im B2B-Bereich greifen.
Quelle: Sonntag & Partner