Strategischer Investor, Finanzinvestor – wer passt zu mir?
Bevor man sich für einen Investor entscheidet, sollte man sich darüber im Klaren sein, welche Ziele man selbst verfolgt und welche Kriterien den Entscheidungen von Investoren für beziehungsweise gegen ein Investment zugrunde liegen. Karl A. Niggemann, Geschäftsführer des Institutes für Wirtschaftsberatung Niggemann & Partner GmbH, erläutert anhand einiger wichtiger Punkte die Vorgehensweise eines strategischen Investors im Vergleich zum Finanzinvestor.
Herr Niggemann, welche Überlegungen sind für einen strategischen Investor im Gegensatz zum Finanzinvestor im Vorfeld einer Akquisition von Bedeutung?
Strategische Investoren wollen von den Stärken des Unternehmens, an denen sie sich beteiligen, profitieren. Gleichzeitig wollen sie das Unternehmen jedoch auch durch die eigenen Stärken fördern und dadurch wettbewerbsfähiger machen. Bei geeigneten Verbindungen gibt es zahlreiche Synergien und Skaleneffekte. Mittelständische Unternehmen können durch einen industriellen Partner Zugang zu internationalen Märkten erreichen. Ein Finanzinvestor legt seinen Fokus in der Regel auf Renditemaximierung und Wertsteigerung. Unter Umständen ist der Hintergrund für den Erwerb von Anteilen auch die Ergänzung für ein bestehendes Portfoliounternehmen.
Welche Rolle spielt die zukünftige Unternehmensstrategie?
Der Grundsatz für einen Finanzinvestor hießt hier: Unabhängigkeit und Wachstum. Das erworbene Unternehmen wird gegebenenfalls als Plattform für eine Buy & Build-Strategie genutzt. Dabei stellt der Investor Eigen- oder Fremdkapital für das weitere Wachstum zur Verfügung. Er wird sich immer auf Kernkompetenzen konzentrieren. Ist das Renditeziel erreicht, steht ein Verkauf an. Das kann mittelfristig sein, aber auch schon eher. Für den Finanzinvestor ist es lediglich eine Frage der erreichten Rendite für das eingesetzte Eigenkapital. Bei einem strategischen Investor muss differenziert werden zwischen Minderheitsbeteiligung und Mehrheitsbeteiligung. Bei Minderheitsbeteiligungen wird der strategische Investor in erster Linie bemüht sein, durch die eigenen Ressourcen das Unternehmen zu fördern. Bei einer Mehrheitsbeteiligung wird in der Regel die Integration des Unternehmens in die vorhandene Gruppe angestrebt.
Gibt es unterschiedliche Erwartungen an das Management und die Mitarbeiter?
Management und Mitarbeiter müssen sich bei strategischen Investoren darauf einrichten, dass sie sich in bestehende Strukturen einfügen müssen, das kann auch Abbau von eigenen Strukturen bedeuten. Möglicherweise wird eine Beteiligung an Options- und Bonusprogrammen eröffnet. Ein Finanzinvestor dagegen bietet dem Management in der Regel die Chance einer Mitbeteiligung. Das Management soll dadurch die Chance haben, neben Tantiemen auch von der Wertentwicklung des Unternehmens zu profitieren.
Mitgesellschafter entscheiden häufig anders als angestellte Manager.
Über welchen Zeithorizont sprechen wir bei den Investments?
Nun, ein Finanzinvestor bleibt in der Regel drei bis sieben Jahre investiert und sucht dann den Exit. Eine Ausnahme bilden hier die „Evergreen“-Investoren. Sie bleiben auch mittel- bis langfristig investiert. Der strategische Investor ist, wie der Name es vorgibt, an der Langfristigkeit seines Engagements interessiert. Deshalb bewertet er Transaktionskosten auch anders als ein Finanzinvestor. Zum Beispiel wird er „Broken-Deal-Costs“ als strategische Investitionen in erworbene Informationen bewerten.
…und wie gehen Finanzinvestoren mit Transaktionskosten und „Broken-Deal-Costs“ um?
Bei Finanzinvestoren gilt es hohe Transaktionskosten zu vermeiden. Wichtig ist es zu wissen, dass bereits während des Transaktionsverfahrens nicht nur verschiedene Exit-Routen identifiziert, sondern auch mögliche Exit-Szenarien geprüft werden. In der letzten Verhandlungsphase wird häufig der Ersatz von „Broken-Deals-Costs“ angestrebt.
In jedem Fall steht ja eine Due Diligence an, gibt es da auch Unterschiede?
Der organisatorische Ablauf an sich ist der gleiche. Allerdings stehen bei der Bewertung und Analyse jeweils andere Punkte im Vordergrund, und diese unterscheiden sich grundlegend voneinander. Ein strategischer Investor versucht, Transparenz über die Vergangenheit und Gegenwart zu schaffen, um das Synergiepotenzial zu erkennen und zu kalkulieren. Er wird auch versuchen, die Möglichkeit einer strategischen Prämie zu identifizieren. Wichtig ist für ihn, eine geeignete Basis für Integrierungsmaßnahmen und ein einheitliches Vertragscontrolling zu schaffen. Der Finanzinvestor ist an der Transparenz und der Darlegung der Unternehmensplanung auf Stand-alone-Basis interessiert. Er ist am zukünftigen Cashflow und der Optimierung des Managements interessiert. Der Finanzinvestor wird eher selten die Entrichtung einer strategischen Prämie kalkulieren. Für ihn richtet sich der Kaufpreis nach der Höhe des Leverage, der Stabilität des Cashflows und dem Wachstumspotenzial sowie durch mögliche Exit-Szenarien.
Herr Niggemann, welchen persönlichen Rat geben Sie an Unternehmer, die auf der Suche nach Eigenkapital sind?
Entscheidend ist die Interessenlage des Unternehmers. Geht es darum, nur temporär Finanzbedarf zu decken, z. B. im Rahmen einer Nachfolgeregelung, bietet sich ein Investor an, der auf Zeit investiert. Legen Familienunternehmen Wert auf eine langfristige
Partnerschaft, können sich vermögende Haushalte als Partner anbieten. Diese suchen nach Investitionsmöglichkeiten mit kalkulierbarem Risiko und angemessener Kapitalrendite. Darüber hinaus können diese Investoren durch Netzwerk und Know-how die Leistungsfähigkeit von Unternehmen steigern. Wird eine strategische Stärkung angestrebt, z. B. in den Bereichen Internationalisierung oder Vertrieb, sind strategische Partner sinnvoll, die zum Teil auch gern Minderheitsbeteiligungen
übernehmen. Wollen Unternehmer konzentriert den Unternehmenswert steigern, um diesen Unternehmenswert durch Verkauf zu realisieren, bieten sich Finanzinvestoren an, die in diesem Bereich besonders erfahren sind.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Niggemann.