TK- und Medienpolitik: Privatsphäre im Internet besser schützen
Vorratsdatenspeicherung vor dem Bundesverfassungsgericht
Berlin, Dezember 2009 - Der Hightech-Verband BITKOM nimmt an der heute stattfindenden Anhörung zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung vor dem Bundesverfassungsgericht teil. BITKOM wird sich dabei im Grundsatz für einen besseren Schutz der Privatsphäre und eine umfassende Entschädigung der Wirtschaft für angeforderte Sicherheitsmaßnahmen einsetzen. „Bei der generellen Speicherung von Internet- und Telefonverbindungsdaten sind wichtige Fragen noch offen. Die Politik ist gefordert, die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit im Internet zu definieren“, kommentierte BITKOM-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer. „Kriminelle müssen auch im Internet effektiv verfolgt werden, aber dafür darf die Privatsphäre unbescholtener Nutzer nicht geopfert werden.“ Das Verfassungsgericht verhandelt drei Verfassungsbeschwerden. Unter den Beschwerdeführern sind die heutige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sowie die Bundestagsabgeordneten Otto Solms und Gisela Piltz (alle FDP). Sie sehen durch das noch vom letzten Bundestag verabschiedete Gesetz zur Telekommunikationsüberwachung das Telekommunikationsgeheimnis und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt.
Der BITKOM plädiert für möglichst hohe Hürden im Umgang mit den gespeicherten Daten. „Es muss heißen: So viel Überwachung wie nötig, so wenig wie möglich“, sagte BITKOM-Präsident Scheer. „Selbst reine Verbindungsdaten von Telefonaten und Internet-Sitzungen ermöglichen Persönlichkeitsprofile, von Handybenutzern können sogar Bewegungsprofile erstelle werden.“ Bei der Vorratsdatenspeicherung werde auch ganz legales Verhalten vorbeugend registriert. Mit Sorge sieht der BITKOM, dass dabei Berufsgruppen erfasst werden, die mit besonders vertraulichen Informationen umgehen müssen: Anwälte, Steuerberater, Ärzte und Journalisten, die sich von Berufs wegen auf die Vertraulichkeit der Kommunikation absolut verlassen können müssen.
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im März 2008 in einem Beschluss die Verwendung der Vorratsdaten eingeschränkt. Sie dürfen nur bei besonders schweren Straftaten wie Mord, Totschlag, Sexualstraftaten, Raub und Erpressung abgefragt werden. „Diese richtigen Einschränkungen, die in der Praxis schon gelten, müssen nun in den Gesetzen festgeschrieben werden“, fordert BITKOM-Präsident Scheer.
„So wichtig die Rolle des Verfassungsgerichts hier ist: Die Politik darf es nicht ausschließlich Gerichten überlassen, die richtige Balance zu finden“, so Scheer. Dies sei eine Kernaufgabe von Regierung und Parlament. Die Diskussion müsse heraus aus der Expertenecke und den politischen Ausschüssen. „Wir brauchen eine breite Debatte, was wir als Gesellschaft wollen: möglichst viel Freiheit oder möglichst viel Sicherheit“, so Scheer. Dabei sei ein verlässliches Vorgehen der Politik nötig. Die Hightech-Unternehmen, die den Behörden Daten liefern müssen, hätten dreistellige Millionenbeträge investiert. „Ganz gleich, wie das Bundesverfassungsgericht entscheidet: Die Kosten müssen erstattet werden. Es darf nicht länger eine Trial-and-Error-Politik auf dem Rücken der Wirtschaft geben.“
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