Wau! Wow! – Augsburger Startup "pawsthesis" schenkt gehandicapten Hunden eine neue Perspektive
Ob als Familien-, Rettungs-, oder Therapiehund – wir Deutschen lieben unsere Haustiere! Damit stoßen die beiden Gründer Dominik Hogen und Simon Schuß mit ihren maßangefertigten Beinprothesen mittels 3D-Druck für gehandicapte Hunde auf viel Begeisterung.
Auch Fördergeber konnten sie 2020 von ihrem Geschäftsmodell überzeugen und erhielten so das begehrte EXIST Gründerstipendium des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Laut einer 2019 durchgeführten Studie der SPLENDID RESEARCH GmbH zeigen sich deutsche Haushalte im Bezug auf ihre geliebten Vierbeiner alles Andere als geizig und geben im Schnitt 50€ monatlich für Ihre haarigen Mitbewohner aus. 41% der Tierhalter würden sogar mehr als 800€ für Operationen und lebensnotwendige Eingriffe ausgeben.
Get to know: pawsthesis!
Ein Social Media Post von euch mit riesiger Resonanz gab den Ausschlag für die Gründung von pawsthesis. Könnt ihr kurz erklären, wie es dazu kam?
2018 belegten wir im Rahmen unseres Bachelorstudiums Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität – damals noch im 4. Semester – ein 3D-Druck Seminar. Ziel war es, ein Produkt zu entwickeln, dieses mittels additiver Fertigung herzustellen und einen Businessplan zu entwerfen. Nachdem wir auf die Idee zur Beinprothese – angestoßen durch einen dreibeinigen Hund aus Friedberg – kamen, suchten wir über Facebook nach einem möglichen Pilotkunden für unseren allerersten Prototypen.
Warum beschäftigt euch als Wirtschaftsingenieure das Schicksal von gehandicapten Hunden?
Wir sind beide von klein auf mit Tieren aufgewachsen und haben selbst Haustiere. Nachdem uns im Seminar ein 3D-Drucker zur Verfügung gestellt wurde, war für uns schnell klar, dass wir der Tierwelt etwas Gutes tun wollen. So kamen wir dann über Umwege zu der Idee, sich an einer Beinprothese für Hunde zu versuchen. Als Wirtschaftsingenieure reizen uns natürlich auch technische Herausforderungen bei der Entwicklung einer individuellen Prothese, die dennoch massentauglich sein soll.
Ihr verfügt durch euer Studium über technisches Know-how wie 3D-Druck, digitale Scanverfahren und Mass Customization. Zudem verfügt ihr auch über betriebswirtschaftiches Know-how. Wie integriert ihr dieses Wissen in den Bereich der Tiermedizin?
Zum einen versuchen wir uns selbst ein grundlegendes Verständnis und Know-how der Kinematik von Hunden zuzulegen. Wie es so schön heißt: „Man wächst mit seinen Aufgaben!“ Zum anderen arbeiten wir mit Tierärzten und Tierphysiotherapeuten zusammen und beschaffen uns so das fehlende Know-how. Viele unserer Pilotkunden sind schon vor der Anschaffung der Prothese bei einem Tierphysiotherapeuten/Tierarzt. Das machen wir uns zunutze und stehen in ständigem Austausch mit dem jeweiligen Therapeuten/Arzt und dem Hundehalter, um den Einsatz der Prothesen zu überwachen, Feedback einzuholen, Erfahrung zu sammeln und Wissen zu generieren.
Ihr habt schon viele Interessenten und auch einige Pilotkunden. Was genau möchtet Ihr euren Kunden in Zukunft bieten und wie möchtet ihr weitere Interessenten von eurem Produkt überzeugen?
Wir möchten unseren Kunden ein ganzheitliches Konzept anbieten. Das heißt der Kunde wird von der Abdrucknahme, über die Prothese, bis hin zur Anwendung am Hund und der Bereitstellung von Ersatzteilen von uns unterstützt und beraten. Wir möchten also neben dem „physischen Produkt“ Prothese noch zusätzliche Dienstleistungen zur Verfügung stellen und so dem Kunden ein umfassendes Produktpaket anbieten. Durch unsere Produkte gewinnt der Hund und sein Halter Lebensfreude und eine gewisse Leichtigkeit beim Spazierengehen zurück. Zudem kann sich der Hundebesitzer durch den Kauf der Prothese Tierarztkosten einsparen, die durch Langzeitfolgen der Amputation entstehen würden, bspw. Arthrosen oder Bandscheibenvorfälle.
Von welchen Startup Herausforderungen träumt ihr nachts?
Das finanzielle Risiko einer Gründung, das trotz akribischer Planung und einem tollen Produkt nicht gänzlich vermieden werden kann, ist definitiv etwas, das uns nachts umtreibt. Erfreulicherweise haben wir schon jetzt eine sehr hohe Nachfrage unserer Prothese und bekommen sehr viel positive Resonanz zu unserem Projekt, dennoch stellt man sich natürlich die Frage, ob alles so aufgehen wird, wie man sich das auch vorstellt. Ein Thema, das einen als (Wirtschafts-)Ingenieur nie loslässt, ist natürlich das Produkt. Seinen eigenen Ansprüchen an die Prothese(n) gerecht zu werden ist sehr schwierig. Es könnte ja immer noch besser sein. Aber selbstverständlich träumt man auch von den vielen Möglichkeiten und Chancen, die man als junger Unternehmer haben kann.
Zu guter Letzt: Wen (Vorbild, Gründer, Unternehmer, Visionär…) würdet ihr gerne einmal auf einen Kaffee in euer Büro einladen?
Wir würden beide gerne einmal Elon Musk treffen. Es ist sehr inspirierend zu sehen, mit welcher unerschütterlichen Motivation er so viele Unternehmen auf einmal führt. Trotz vieler Kritiker und Unsicherheiten lässt er sich nicht beirren und geht seinen Weg. Und wie man sieht, sehr erfolgreich.
Das Interview führte Tobias Seemiller, Gründercoach und Accelerator Manager beim DZ.S, mit den Gründern von pawsthesis Dominik Hogen und Simon Schuß.