Wie das Augsburger Startup Streamergy den Kampf gegen den Klimawandel aufnimmt und ohne den typischen „Startup-Weg“ gleich zwei Investoren ins Boot geholt hat
Das Gründerteam rund um Daniel Schneider, Martin Schneider und Stefan Rensberg hat diesen Monat sein Büro im Digitalen Zentrum Schwaben (DZ.S) bezogen.
Der Softwareanbieter im Bereich erneuerbare Energien, bietet maßgeschneiderte Lösungen für den kommerziellen Photovoltaikmarkt und darüber hinaus auf Basis einer intelligenten und smarten Datenspeicherplattform.
Get to know: Streamergy!
Wer seid ihr und was macht Streamergy? Stellt euch bitte kurz vor!
Wir haben die Streamergy zu dritt gegründet und sehen unsere Chance darin, das Handling mit den unfassbar vielen Daten der erneuerbaren Energien, die täglich generiert werden, neu aufzurollen. Inzwischen sind wir auch personell gewachsen und haben nun ein Team aus begeisterten Entwicklern, Technologiefans, Ingenieuren, Organisationstalenten und Klimaschützern. Zudem sind wir im August 2021 ins DZ.S gezogen.
Unseren Kunden bieten wir eine Datendrehscheibe an, die es ermöglicht, die Messdaten selbst zu speichern und diese dann mit den Applikationen zu vernetzen, die für den Betrieb am besten geeignet sind. So bekommt jeder Betreiber die Kontrolle über seine eigenen Daten, hat aber gleichzeitig mehr Auswahl bei den Anwendungen.
Aktuell ist das im Markt eher noch umgekehrt, dass man sich für eine Applikation entscheiden muss und dann aber nicht die Möglichkeit hat das volle Potenzial, das in den Daten steckt, zu nutzen. Und darum geht es doch eigentlich – die vorhandenen Daten zu nutzen.
Man kann unsere Idee auch mit WhatsApp verdeutlichen. Man schreibt viele private Nachrichten, und diese Daten liegen in der WhatsApp oder irgendwo in der Cloud – und wenn man sie braucht oder einfach haben möchte, wird es kompliziert. Mit unserem Ansatz bleiben die Nachrichten bei einem selbst, und – noch besser – wir vernetzen die Messenger miteinander. Dieses Prinzip wenden wir auf die Erneuerbaren Energien an.
Ihr habt vor kurzem eine Finanzierungsrunde abgeschlossen – Könnt ihr uns einen Blick hinter die Kulissen dieses Prozesses gewähren? Wie ist das abgelaufen?
Wir haben vermutlich nicht den typischen Startup-Weg eingeschlagen, sodass die Suche nach Investoren bei uns viele Wendungen genommen hat. Im Prinzip sind wir mit einer Idee und unserer Branchenerfahrung „auf die Suche“ gegangen – das sind allerdings nicht unbedingt die Ansätze, bei denen die Investoren gleich Schlange stehen. Das ist nachvollziehbar, aber so waren nun mal unsere Rahmenbedingungen. Da wir aber in der Branche der Photovoltaik auch sehr gut vernetzt sind, haben wir nun zwei Investoren gefunden, die unsere Vision teilen und uns hier voll unterstützen. Der Vorteil ist hier, dass sie als Marktteilnehmer die aktuellen Herausforderungen sehr gut kennen und somit den Bedarf für unsere Lösung sofort erkannt haben.
Ihr könnt gemeinsam schon auf über 25 Jahre Erfahrung zurückblicken. Wie habt ihr als Gründerteam zusammengefunden?
Wir haben vorher schon zusammengearbeitet und kennen uns schon viele Jahre. Das Schöne ist, dass wir uns alle sehr gut ergänzen und somit die Herausforderungen und Ziele immer aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Das ist enorm wertvoll.
Gleichzeitig sind wir der Branche der erneuerbaren Energien sehr verbunden und gerade Martin Schneider hat im Bereich der Photovoltaik wirklich Pionierarbeit geleistet und auf dem Gebiet der datengestützten Analyse schon früh Neuland betreten. Daher ist „Big Data“ und die damit verbundenen Herausforderungen für uns schon immer Tagesgeschäft gewesen – schon bevor der Begriff zu einem Buzzword wurde.
Dieses Wissen kombinieren wir jetzt mit den Technologien von heute – das ist entscheidend und in dieser Leichtigkeit auch nur in einem Startup möglich.
Welche Tipps würdet ihr jungen Gründer:innen mit auf den Weg geben?
Jede:r Gründer:in hat den ersten Tipp schon beherzigt – sich trauen und loslegen. Man macht sich keine Vorstellung davon, wie das den Blick auf die Dinge verändert. Wer hier eine Chance sieht, sollte diesen Weg unbedingt einschlagen.
Und ansonsten – für guten Schlaf und Ausgleich sorgen. 24/7 ist auch beim Startup nicht der richtige Weg. Denn die Herausforderungen sind groß und man bekommt den Erfolg nicht geschenkt. Dafür braucht man Ausdauer.
Letzter Tipp: Immer positiv denken und nach vorne schauen. Klingt abgedroschen, aber nur so kommt man weiter.
Wo liegt aktuell euer Schwerpunkt bei eurer Entwicklung?
Wir haben die Systemarchitektur festgelegt und entwickeln nun den „Kern“ – so fängt wahrscheinlich auch jedes andere Softwareprojekt an. Rund um diesen Kern entsteht dann unser Standardprodukt, das wir unseren Zielgruppen anbieten werden. Es ist immer sehr spannend, ein Projekt „auf der grünen Wiese“ beginnen zu können. Auf so etwas freut sich jeder Entwickler, der weiß, was es heißt, „Legacy-Code“ zu pflegen.
Da individuelle Entwicklungen auch zu unserem Angebot gehören, können wir aber auch heute schon Projekte rund um unser entstehendes Standardprodukt umsetzen und dem Kunden Lösungen bieten. Und je weiter wir mit unserer Entwicklung kommen, desto mehr können wir davon nutzen und werden in der Umsetzung schneller.
Mit dieser Kombination können wir sehr gut am Markt entlang entwickeln und wir minimieren das Risiko mit einer langen Entwicklungsphase den Bezug zum Markt zu verlieren.
Ihr seid seit kurzem Mieter im Digitalen Zentrum Schwaben (DZ.S) und Mitglied im aitiRaum e.V. Was hat euch zu diesem Schritt bewogen?
Zum einen ist es einfach praktisch für einen schnellen Start im Vergleich zum Anmieten eines eigenen Büros mit all dem Drumherum, um das man sich gar nicht kümmern will. Zum anderen möchten wir auch gerne in die Welt der neuen Augsburger Unternehmen eintauchen. Das ist sehr spannend und die Dynamik und Begeisterung, die wir hier feststellen, ist einfach ansteckend.
Ansonsten ist es natürlich sehr wertvoll, sich mit anderen Startups auszutauschen und Erfahrungen zu teilen. Wäre auch noch ein Tipp für Gründer – alleine starten ist so viel schwieriger. Auch die Angebote des DZ.S sind sehr vielseitig und es ist für jede Phase eines Startups etwas dabei. Das ist eine super Unterstützung!
Zu guter Letzt: Wen würdet ihr gerne einmal auf einen Kaffee in euer Büro einladen?
Oja, das könnten viele Kaffees werden.
Sehr gerne würden wir Greta Thunberg einladen. Sie steht wie niemand anders für den Kampf gegen den Klimawandel und das ist ja auch einer unserer Antreiber. Außerdem ist ihr Wirken auch faszinierend - die „Fridays-For-Future“-Bewegung ist einzigartig. Traurig ist an der Stelle allerdings, dass es hierfür eine Greta Thunberg gebraucht hat und das in Summe immer noch zu wenig passiert.
Und da Elon Musk bestimmt gerade auch viel unterwegs ist, könnte er natürlich auch gerne einen Stopp bei uns einlegen. Irgendwann kommt ja auch die Frage nach der nächsten Finanzierungsrunde. Da hat er bestimmt gute Tipps. Aber auch so ist er jemand, der aktuell wie kaum ein zweiter eine Technologiebranche komplett aufrollt und völlig neue Wege einschlägt. Mehr Visionär geht aktuell wohl nicht.
Ansonsten freuen wir uns auch sehr über regionalen Besuch, Sina Trinkwalder zeigt beispielsweise mit Ihrem Unternehmen „Manomama“, dass es nicht immer größer, schneller, weiter sein muss. Mit ihrem Konzept sozial, ökologisch und regional zu produzieren, ist sie seit 11 Jahren wirtschaftlich erfolgreich. Sie steht für einen respektvollen Umgang mit Mensch und Umwelt, eine motivierende Gründergeschichte aus Augsburg.
Die Kaffeemaschine ist auf jeden Fall schon mal da.
Das Interview führte Tobias Seemiller, Gründercoach und Accelerator Manager beim DZ.S, mit den Gründern von der Streamergy GmbH Daniel Schneider, Martin Schneider und Stefan Rensberg.